Die Herforder Gruppe Missus Beastly war eine der ersten deutschen Undergroundbands, „deren Live-Auftritte keine Konzerte mit fest vorgelegter Struktur oder Songabfolge waren, sondern bei denen einfach munter drauf los musiziert wurde, was bisweilen in einem zwei- bis dreistündigen Happening endete“ (BABYBLAUESEITEN).
Die Band wurde1968 an einem Gymnasium im nordrhein-westfälischen Herford gegründet, orientierte sich am Bluesrock und Rhythm & Blues und entwickelte sich zu einer der ersten deutschen Psychedelic- Bands. Ein Jahr später folgten bereits erste kleinere Tourneen durch Süddeutschland, ein Auftritt beim ‚2. Essener Pop & Blues Festival‘ und ein Konzert beim ‚Burg Waldeck-Festival‘ mit Guru Guru und Tangerine Dream.
1970 erschien eine erste, für 12.000 D-Mark, selbstproduzierte und selbstbetitelte Platte in einer Auflage von 1.000 Stück – in der Besetzung Oldemeier, Wehmeyer, Nickel und Hoffman. Als Gäste wirkten Hansi Fischer (fl) (ex-Embryo, -Xhol Caravan), Chris Karrer (g) (ex-Amon Düül II, -Embryo, -Popol Vuh), Dieter Serfas (dr)(ex-Amon Düül II, -Electric Family, -Embryo) und John Weinzierl (g) (von Amon Düül II) mit. „Es waren vor allem die energetischen Bluesstücke, die im Zwiegespräch von Orgel und Gitarre offenbarten, daß man sich auch ganz einfach am Bluesschema entlang hangeln konnte, ohne irgendwie langweilig zu wirken“ (DIS- COGS). „Ein interessantes Zeitzeugnis früher deutscher Undergroundmusik“ (TROUSER PRESS).
Durch den Zugang von Michael Scholz (org) und Paul Vincent (g) avancierten Missus Beastly vorüberge- hend zum Sextett. Vincent verließ die Band allerdings nach ein paar Monaten und wurde durch Roman Bunka (g) (ex-Embryo) ersetzt. Zusätzliches Mitglied wurde Jürgen Benz (sax, fl) (von Munju). Ende 1970 verabschiedeten sich Nickel und Wehmeier, während die Band ins Profi-Lager wechselte. Eine „fatale Ent- scheidung, die zu einem wirtschaftlichen Debakel führte – mit dem Ergebnis, daß der Manager Anlage und Bandbus verkaufen mußte“ (ROCK IN DEUTSCHLAND), um die Außenstände zu begleichen. Die Band löste sich darauf- hin wegen finanzieller Probleme auf.
Ende 1973 rief Trommler Oldemeier die zweite Version von Missus Beastly ins Leben. Als neue Musiker ge- hörten jetzt – neben Oldemeier und Benz – Friedemann Josch (fl, sax) (später Dissidenten), Dieter Mie- kautsch (key, org) (von Embryo, -Missing Link, -Real Ax Band) und Norbert Dömling (b) (ex-Toto Blanke Band, -Embryo, -Xhol) dazu. Das zweite – wieder selbstbetitelte – Album wurde 1974 unter der Regie von Dieter Dierks eingespielt. Darauf machten „die neuen Beastlys die Musik der Nach-Mahavishnu-Ära, eine Musik, die stillos ist, über den Stilen steht: Eine Symbiose aus Jazz, Rock und Funk“ (PRESSETEXT).
Ein Jahr später erschien das nächste Album, ‚SWF-Session 1974′, das im Januar und Februar ’74 im öffent- lich rechtlichen Südwestfunk-Studio in Baden-Baden in derselben Besetzung wie das zweite Studioalbum aufgenommen worden war. Die LP enthielt „verbesserte Versionen älterer Titel und einige neue Songs, die das große Talent dieser Band für Improvisationen bewiesen. Die musikalische Ausrichtung der ’neuen‘ Missus Beastly folgte eher afroamerikanischen als europäischen Musiktraditionen, wurde aber von einem gewissen Krautrock- Feeling beeinflußt“ (KRAUTROCK-MUSIKZIRKUS).
Ebenfalls 1974 erschien mit ‚Bremen 1974‘ ein Live-Mitschnitt, der im September ’74 von Radio Bremen in der Besetzung Benz, Josch, Dömling, Oldemeier und Eddy Marron (g) (ex-Dzyan) in der Bremer Post-Aula aufgenommen worden war.
KRAUT! ist ein feiner Krautrock-Querschnitt in vier Ausgaben, regional nach Regionen – Norden, Mitte, Süden und Berlin – sortiert, mit den größten Hits, viel längst vergessener Musik und den wichtigsten Songs. (Burghard Rausch)
Hier ihr 2. Album:
Missus Beastly waren eine der deutschen Rockgruppen der ersten Stunde. 1968 in Herford gegründet gehörten sie Ende der 60er und Anfang der 70er für kurze Zeit, zusammen mit Guru Guru (Groove), Tangerine Dream, Amon Düül bzw. Amon Düül II und Xhol (Caravan), zu den auf deutschen Festivals am häufigsten zu sehenden Gruppen, die damit den Krautrock mitbegründet haben. Nach einer selbstproduzierten Debüt-LP, löste sich die Gruppe allerdings schon 1971 auf. Drei Jahre später gab es Missus Beastly aber wieder, die im Januar 1974 mit Dieter Dierks ins Studio gingen, um ihre zweite, hier vorgestellte LP aufzunehmen. Krautrock gibt es auf „Missus Beastly“ allerdings keinen zu hören.
„Die neuen Beastlys, denen Live-Atmosphäre sowie Kontakt und Konfrontation mit den Zuhörern nach wie vor wichtiger sind als alles andere, was mit Rock-Business zu tun hat, machen die Musik der Nach-Mahavishnu-Ära, eine Musik, die „stillos“ ist, über den Stilen steht, Stile nicht mehr als solche erkennen lässt. Jazz, Rock, Funk – all diese Begriffe haben ihre ursprüngliche Bedeutung verloren, sie dienen vielmehr als einzelne Partikel der grossen, alle Stile umfassenden Symbiose.“
So steht es u.a. im umfangreichen Hüllentext auf der Rückseite der LP. Das sind ziemlich viele und zudem ziemlich übertreibende Worte, nur um festzustellen, dass sich Missus Beastly auf ihrer zweiten LP einem funkigen Jazzrock widmen. Und genau das gibt es hier zu hören.
Sehr locker swingt die Gruppe durch die durchaus komplex arrangierten Stücke. Solierend sind meist eine, gelegentlich auch zwei Flöten zu hören. Seltener erzeugen zwei Saxophone blecherne Klangfülle. Bass und E-Piano sorgen für die jazzig-funkige Grundierung, begleitet vom vielseitigen Schlagzeug.
Die Scheibe ist druckvoll produziert und das Spiel der Beteiligten makellos. Allerdings kommt das Ganze ziemlich glatt und gleichförmig, wenn auch sehr direkt und frisch, aus den Boxen. Etwas krautige Rauheit, kosmisches Klangschweben, einige freiere Abschnitte oder ein paar schräge Ecken und Kanten hätte der Musik gutgetan. So ist „Missus Beastly“ eine ordentliche Fusion-Produktion, die es aber nicht ganz schafft, sich aus den Gefilden einer anregenden Hintergrundmusik herauszuarbeiten. (Achim Breiling)
Hm, von einer gleichförmngen Musik oder gar Hintergrundmusik kann ich hier nun wirklich nichts feststellen, so sehr ich den Achim Breiling auch schätze. Das Gegenteil ist der Fall … Jazz-Rock mit dem Prädikat furios.
Zu ihren besten Zeiten spielten sie „die Musik der Nach-Mahavishnu-Ära, eine Musik, die über den Stilen steht: Eine Symbiose aus Jazz, Rock, Funk.“ (Schneeball Records)
Und bei dem Live-Stück „Vloflutho“ verneien sie sich auch vor dem Jazzflötisten Herbie Mann … wahrlich kein schlechter Name in den damaligen Zeiten und bei „Fly Away“ huldigen sie hymnischen Jazz-Rock ala Klaus Doldinger & Passport.
Aber man kann sich ja ne eigene Meinung bilden … nun gut … das Cover ist gewöhnungsbedürftig … das Begleitheft hingegen vorbildlich !!!
Besetzung:
Jürgen Benz (saxophone, flute, percussion)
Norbert Dömling (bass)
Friedemann Josch (saxophone, flute)
Dieter Miekautsch (keyboards)
Lutz Oldemeier (drums)
Titel:
01. Julia 3.51
02. 20th Century Break 5.04
03. Geisha 5.26
04. Vacuum Cleaners Dance 5.20
05. Paranoidl 4.24
06. Fly Away 7.48
07. Talle 5.41
+
08. Free Clinic 6.46
09. Voodoo Dance 6.09
10. Paranoidl (Live) 3.47
11. Vloflutho 5.01
08. – 10: Minden, Zur Grille, 13. April 1974
11. von der LP „“Open Air Concert Vlotho-Winterberg“ (1975)
Musik:
Jürgen Benz – Norbert Dömling – Friedemann Josch – Dieter Miekautsch – Lutz Oldemeier
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