Os Mundi – Latin Mess (1970)

FrontCover1Irgendwie sind „Os Mundi“ was ganz besonderes im deutschen Prog-Music-Lager …

Die Berliner Band Os Mundi galt als erste Rock-Bigband und umfasste in Spitzenzeiten bis zu 12 Bandmitglieder.

Os Mundi war die erste „Rock-Bigband“ Berlins, hervorgegangen aus den Safebreakers (1962 – 66, 1 Single: Hey Girl / Patsy Girl). hervorstechendes Merkmal war die Besetzung mit zwei Schlagzeugern. Uns verband viel mit dieser Band, teilten wir uns doch über Jahre einen Übungsraum am Kreuzberger Paul-Linke-Ufer. Darüber hinaus wohnte ich jahrelang in einer Wohngemeinschaft mit Udo Arndt in der Charlottenburger Bayernallee und habe eine Zeitlang den Posten des Soundmixers für Os Mundi übernommen. Es gab auch öffentliche Sessions mit z.B. Manuel Göttsching (Ash Ra Tempel), Buddy Mandler, Ludolf Kuchenbuch und mir. Einige der Mitglieder Os Mundis sind heute aus dem deutschen Musikgeschehen nicht mehr wegzudenken. Udo Arndt ist Produzent (z.B. Nina Hagen, Nena, Peter Hofmann), desgleichen Christoph Busse (Hans Hartz, Stefan Waggershausen, viele Musiken für „Sesamstraße), Ute Kannenberg ist Moderatorin und Redakteurin für Jazzmusik im Rundfunk. Die Nachfolgegruppe von Os Mundi hieß dann Tequila Sunrise (Michael Günther von Agitation Free)

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CD Frontcover

Die hier vorliegende musikalische Umsetzung einer katholischen Messe ist von einem krautig-psychedelischen Nebeneinander aus weihevoller Mystik sowie einer ungewohnt schroffen Dynamik geprägt. Os Mundi bedienten sich auf „Latin Mass“ der verschlungenen Wucht des Psychedelic Rocks der späten 60er Jahre, die sich von flirrender Saitenbearbeitung und kriechenden Hammondeinsätzen beeinflusst zeigt. Gepaart mit dem stampfend-psychedelischen Proto-Hardrock der zweiten Hälfte der 60er Jahre der Marke Iron Butterfly & Co. wird der spröde Charakter des hier vorliegenden Konzepts in zunehmend bedrohlich anmutenden Klangstrukturen fortgeführt. Die im krautigen Anti-Gesang vorgetragenen lateinischen Gesangsparts verleihen dem musikalischen Inhalt zunehmend den Charakter eines breit gefächerten Klagelieds.

Das rein formal klar strukturierte Konzept wird gezielt in Richtung eines improvisierten Psychedelic Sounds aufgelöst, in dem Os Mundi in die Richtung der hölzern-getragenen Dynamik ihrer Landsleute Gäa und Mythos tendieren. Vom perfekt arrangierten britischen Progrock ist all dies meilenweit entfernt und tendiert rein klanglich eher in die Gefilde eines drogengeschwängerten Garagen-Rocks als in die angesichts des Konzepts zu erwartende sakrale Anmut, welche die Vertonung einer christlichen Messe durch Eela Craig einige Jahre später so auszeichnen sollte. Warum Os Mundi ihren krautig-psychedelischen Rock gerade rein thematisch derart umsetzten, bleibt ein Rätsel. Über die inneren Beweggründe kann nur spekuliert werden. Womöglich lässt sich aus der in ein unheilvoll-mystisches Klanggewand gehüllten Psychedelik so etwas wie Kritik an der starren christlichen Zeremonie ableiten, indem die Band gezielt freie Improvisationen in ihren stampfend-soliden Grundsound einstreute. Eine reine Spekulation. (Horst Straske)

Und nachdem ich noch heute einen Faible für diese Musikrichtung (vor allem wenn sie instrumental ist), lege ich sie eigentlich jedem dringend ans Herz … aber ich befürchte … dass sich heute nicht mehr viele an dieser wirren/irren Messe erfreuen können.

Das waren noch Zeiten

Besetzung:
Udo Arndt (keyboards, guitar, vocals)
Christoph Busse (drums)
Dietrich Markgraf (saxophone, flute)
Andreas Villain (bass)
+
David V. Kalkreuth (organ bei o1.)
Buddy Mandler, Buddy (percussion, vocals)
Mikro Rilling (cello)
Hartmut Seidel (bass, bei 01.)

BackCover

Titel:
01. Ouvertüre 5.44
02. Kyrie 3:11
03. Gloria 4.39
04. Credo I 7.26
05. Credo II 5.31
06. Sanctus 9.05
07. Agnus Dei 5.57

Musik: Udo Arndt + Klaus Höffer

LabelB
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