Verschiedene Interpreten – Die Spitzenreiter 1959 (1960)

FrontCover1Jetzt steht mal wieder so ne heiter-vergnügliche Runde Nostalgie ins Haus. Die Hits des Jahres 1959 aus dem Hause Polydor kamen 1960 auf einem Sampler (sagte man damals noch nicht, der Ausdruck war wohl „Querschnitt“ oder so).

Nun, es ist eine interessante Zeitreise mit vielen unterschiedlichen Aspekten.

Da ist zum einen die Tatsache, dass sich etliche der damaligen Hits in das kollektive Bewußtsein jener Generation (und darüberhinaus !) eingebrannt hat. Damit meine ich z.B. Lieder wie „Mandolinen und Mondschein“, „Morgen“, „Die Gitarre und das Meer“,“Sugar Baby“ und allen voran natürlich der unverwüstliche „Kriminal-Tango“ von Hazy Osterwald.

Aber auch Bill Ramsey´s „Souvenirs“ macht bis heute einfach nur gute Laune.

Und dann lässt sich festellen, dass so etliche der damaligen Stars bis heute einen klangvollen Namen habe. So ist z.B. Peter Kraus bis heute noch aktiv. Apropos Peter Kreuz: ihn hört man auch bei dem Lied „Cowboy-Billy“ gemeinsam mit Jörg Maria Berg hatte er kurzfristig das Duo „James Brothers“ gegründet.

Und da gibt es auch noch ne Handvoll von Sängern, die den großen Sprung über all die Jahrzehnte nicht geschafft haben, wie z.B. das Duo „Tom und Tommy“ die hier den skurillen Song „Eine handvoll Heimaterde“ zum besten geben.

Die Gesangspartnerin von Louis Armstrong, Gabriele Clonisch beendete dann ihre kurze Karriere als Kinderstar im Jahr 1963.

Und auf einen Song will ich dann noch ganz besonders hinweisen: „Charly Brown“ von den „Honey Twins“ (dahinter verstecken sich die Sängerinnen Andrea Horn und Trixie Kühn); begleitet werden sie nämlich vom Max Greger Orchester und der ließ es sich nehmen am Ende des Liedes ein wirklich ganz schön heißes Saxophon-Solo zum besten zu geben … Respekt !

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Und das schreibt die ‚WDR4/Schallplattenbar“ über dieses Album:
Im Herbst 1960 startet die Plattenfirma Polydor mit der Langspielplatten-Serie „Die Spitzenreiter“ ein Großprojekt. Auf einen Schlag werden 11 LP’s mit den größten Hits der Jahre 1949 – 1959 veröffentlicht. Die Titelauswahl für ein abgelaufenes Schlagerjahr erfolgt zwar zwangsläufig aus der Retrospektive, aber in diesem Fall war der zeitliche Abstand teilweise doch schon erheblich. Die „Spitzenreiter 1959“, um die es hier geht, lagen allerdings noch nicht so weit zurück, was bei der Zusammenstellung sicher hilfreich war. Die folgenden Langspielplatten dieser Reihe erscheinen dann im jährlichen Turnus.

Für die Firma Polydor verlief das Jahr 1959 kommerziell gesehen äußerst erfolgreich und die Auswahl an Spitzenhits ist dementsprechend groß. Unter den umsatzstärksten Interpreten des Plattenkonzerns findet man wieder einmal Freddy, der dafür sorgte, dass auch diesmal die Seemannsromantik nicht zu kurz kam. Mit „Die Gitarre und das Meer“ und „Unter fremden Sternen“ bereichert er diese Kollektion als einziger Solist gleich mit zwei Aufnahmen. Dabei handelt es sich um die Titelmelodien der ersten beiden großen Freddy-Filme, die 1959 ihre Kino-Premiere erlebten. Natürlich ist auch Peter Alexander, ein weiterer Erfolgsgarant der Firma, wieder mit von der Partie. Dafür fehlt allerdings Caterina Valente, denn sie wechselte inzwischen zu Decca, in der Hoffnung, ihre Karriere auch international voranzutreiben.

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Dass mittlerweile auch die Teenager einen Großteil der Plattenkäufer ausmachen, sieht man daran, dass mehrere Titel dabei sind, die speziell für das junge Schlagerpublikum produziert wurden. Neue Namen wie Tommy Kent oder die Honey Twins sorgen für frischen Wind, während Peter Kraus und die James Brothers (Peter Kraus & Jörg Maria Berg) bereits unter den Spitzenreitern des Vorjahres zu finden waren. Dass dem Heimatschlager nicht ganz die Puste ausging, ist dem Duo Tom & Tommy zu verdanken. „Eine Handvoll Heimaterde“ blieb jedoch ihr einziger großer Hitparadenerfolg. Es fällt auf, dass diesmal nur noch die Hälfte der Titel von heimischen Autoren stammt. Coverversionen internationaler Hits sind deutlich auf dem Vormarsch.
Zu den Schlagerfavoriten 1959 gehört „Am Tag als der Regen kam“, gesungen von Dalida. Diese Aufnahme erschien allerdings bei der Firma Ariola. Die Polydor hatte den Titel mit einer gewissen Renée Ray nachproduziert. Hinter diesem international klingenden Pseudonym verbarg sich die Sängerin Renée Franke, die ihre große Zeit in den frühen 50er Jahren hatte. Von den Konsumenten wurde ihre Version zwar kaum beachtet, doch bei der Titelauswahl der vorliegenden LP griff man gern darauf zurück. Immerhin konnte man so auch einen Hit der Konkurrenz präsentieren. Diese Möglichkeit hätte man auch beim Nr.-1-Hit „Tom Dooley“ gehabt, der bei der Electrola vom Kingston-Trio in englisch und von den Nilsen Brothers in deutsch gesungen wurde. Die Polydor ließ diesen Schlager vom „Tom Dooley-Trio“ einsingen, zu dem u.a. Ralf Paulsen gehörte. Doch offenbar wurde das bei der Zusammenstellung dieser Schlagerauslese übersehen.

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Die Plattenhülle der LP zeigt – wie bei der kompletten Reihe üblich – ein Reitsportmotiv. Um das auf Anhieb zu erkennen, muß man in diesem Fall aber schon etwas genauer hinschauen. Auf der Rückseite sind alle Interpreten abgebildet. Wobei Peter Kraus gleich zweimal zu sehen ist: Zum einen als Solist, zum anderen als Mitglied der James Brothers. Fans von Kopplungen, die die großen Hits eines Jahrgangs zusammenfassen, dürfte diese Langspielplatte mit Sicherheit zufrieden stellen. Sogar für Raritätensammler ist etwas dabei, denn die Aufnahme mit Renée Ray ist bislang auf keiner CD zu finden.

Ob nun ein weißes Schiff nach Hongkong fährt oder ob Jacky Brown & Baby Miller in einer obskuren Taverne einen Tango tanzen – die „Spitzenreiter 1959“ bieten ein tolles und abwechslungsreiches Schlagerprogramm.

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Titel:
01. Freddy (Orchester Bert Kämpfert): Die Gitarre und das Meer (Olias/Pinelli) 2.28
02. Ivo Robić und die Song-Masters: Morgen (One More Sunrise) (Mösser) 2.34
03. Bill Ramsey (Orchester Werner Twardy): Souvenirs (Bartels/Coben) 1.53
04. Tom und Tommy (Horst Wende-Tanzsolisten): Eine handvoll Heimaterde (Peka/Zalatnay) 2.14
05. Peter Alexander (Orchester Erich Werner): Mandolinen und Mondschein (Mandolins In The Moonlight) (Bartels/Schroeder/Weiss) 2.35
06. Die James Brothers (Orchester Werner Scharfenberger): Cowboy-Billy (Busch/Scharfenberger/Pinelli) 2.38
07. Louis Armstrong und Gabriele (Orchester Erwin Halletz): Onkel Satchmo’s Lullaby (Bradtke/Halletz) 2.25
08. Freddy (Orchester Bert Kämpfert): Unter fremden Sternen (Fährt ein weisses Schiff nach Hongkong) (Olias/Pinelli) 2.49
09. Melitta Berg (Horst Wende-Tanzsolisten): Nur du, du, du allein (To Know Him Is To Love Him) (Relin/Spector) 2.26
10. Peter Kraus (Orchester Werner Scharfenberger): Sugar-Baby (Busch/Scharfenberger/Pinelli) 2.31
11. Hazy Osterwald-Sextett: Kriminal-Tango (Feltz/Trombetta) 3.32
12. Tommy Kent (Horst Wende-Tanzsolisten): Susie Darlin‘ (Luke/Mösser) 2.40
13.  Honey Twins (Orchester Max Greger): Charly Brown (Blecher/Leiber/Stoller) 2.10
14. Renée Ray (Orchester Glen Marshall): Am Tag als der Regen kam (The Day When The Rain Came) (Bader/Bécaud/Dalanoe) 2.47

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Verschiedene Interpreten – Halbstark – Die wilden 50er und 60er (1991)

FrontCover1Da haben wir auf der einen Seite so einen „billigen“ Sampler, der 1991 erschienen ist und von dem Privatsender „Pro 7“ promoted wurde und dann haben wir auf der anderen Seite einen Sampler, der letztlich das musikalisch kollektive Gedächtnis einer ganzen Generation repräsentiert … einer Generation die mittlerweile in Rente ist (oder demnächst in Rente gehen wird … ) Und natürlich ist hier nur von der pre-Beat-Ära die Rede … denn als Liverpool musikalisch die Welt eroberte, erloschen viele dieser Schlagerstars …

Und dennoch: Es wird nicht nur mir so gehen: Viele Titel sind mehr als gut bekannt, viele Titel haben uns in der späten Kindheit/frühen Jugend begleitet und keine Frage: So etliche Songs enthielten erste Attacken auf jene bigotte Spießbürger-Welt, die es galt , aus den Angeln zu heben. „Schuld war nur der Bossa Nova“ war eine Provokation, „Halbstark“ war erst recht ein weitere Provokation. Und mit der deutschen Fassung von „Tobacco Road“ versuchten sich die Lords als sozialkritische Kapelle. Und auch „Wenn ich ein Junge wär“ von Rita Pavone war eine kaum verhohlene Attacke auf die damaligen Geschlechterrollen. Und der Gitte Song „Ich will einen Cowboy als Mann“ ist hier noch gar nicht enthalten..

Über dieses Album habe ich dann noch eine interessante Besprechung gefunden:

„Wilde“ deutschen Songs aus den Jahren 1958-65 — das ist natürlich ein Widerspruch in sich. Erst Mitte der 1960er begannen einige Beat-Bands wie die Boots, tatsächlich mal ein bisschen zu rocken und nicht nur weichgespülte Schlagersoße auszudünsten. Trotzdem muss man der Auswahl zugutehalten, dass zumindest versucht wurde, „fetzige“, „pfiffige“ Stücke auszuwählen, und es sind auch einige nette Songs vertreten (u.a. von den Yankees, Drafi Deutscher und Benny Quick). Allerdings ist auch viel dabei, was ich persönlich schwer ertrage, oftmals unsäglich eingedeutschte Coverversionen. Trotzdem — es gibt sicherlich wesentlich schlechtere Sampler dieser Richtung; wer noch Material zum Beschallen einer Kitsch-Kult-Schlager-Oldie-Party sucht, der wird hier fündig. (Die zweite Teil Halbstark, Folge 2: Teenagermelodien zum Shaken, Twisten und Knutschen ist genauso „gut“. (Herr „Dr. Kurt Euler“ Offler)

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So ganz kann ich dem wertem Dr. da nicht folgen. Natürlich gab es auch vor den Boots „wilde Songs“, denn das „Halbstarken-Milieu“ in Deutschland war definitiv vorhanden, und die bürgerliche Presse hatte immer wieder seine Gründe, sich darüber aufzuregen. Zu weiteren Vertiefung dieses Themas habe ich dieser Präsentation den lesenswerten Aufsatz der Historikerin Vanessa Erstmann „Halbstark! – Generationskonflikte in den 1950er Jahren in der Bundesrepublik“ (Quelle: aventinus nova Nr. 23 [04.08.2010] / Perspektivräume Jg. 1 (2010) Heft 1, S. 57-91) beigelegt.

Und mehr als einmal wanderten meine Gedanken zu der Frage, was aus all den Jugendlichen geworden ist, die damals ihre Münzen in die Musik-Box warfen, um ihre wilden aber auch sentimental-kitschigen Hits zu hören … Nun ja …, meinen Werdegang kenne ich ja *ggg*

Und um das Paket komplett zu machen, habe ich mir die „Mühe“ gemacht, alle Single-Hüllen der hier vertretenen 36 Lieder in eine eigene „Cover-Galerie“ zu packen.

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Wie gesagt: Für die einen einfach eine nostalgische Schmunzeltour, für die anderen aber auch die Möglichkeit inne zu halten und über die Fragen „Wie wir wurden, was wir sind“ zu reflektieren. Für mich war bei der Beschäftigung mit diesem Sampler beides möglich. Und natürlich will ich darauf hinweisen, dass sich auf diesem Sampler auch so etliche Raritäten befinden wie z.B. „He, Little Blondie“ (von Steff und dahinter versteckt sich der spätere Liedermacher Stephan Sulke), „Wilhelm Tell Twist“ (von den rätselhaften Charly Cotton und seine Twist-Makers; dahinter versteckte sich Christian Bruhn, dem späteren Ehemann von Katja Ebstein) oder „Der Twist (The Twist)“ (von Oliver Twist & The Happy Twistler; über die weiß man eigentlich gar nichts …) … und … und … und …

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Titel:

CD 1:
01. Die Yankees: Halbstark (Adamowsky,/Bartelt 2.15
02. Drafi Deutscher: Marmor, Stein und Eisen bricht (Bruhn/Loose) 2.41
03. Benny Quick: Motorbiene (Laudis/Helmer) 2.36
04. Manuela: Schuld war nur der Bossa Nova (Weill/Mann/Buschor) 2.30
05. Rex Gildo: Speedy Gonzales (Kaye/Lee/Hill/Gerard)  2.37
06. The Swinging Blues Jeans: Tutti Frutti (deutsche Version) () 2.03
07. Ted Herold: Da Doo Ron Ron (Spector/Barry/Greenwich/Niessen/Alzner) 2.23
08. Connie Francis: Ich geb‘ ne Party heut‘ Nacht (Bush/Hunter/Vincent) 2.18
09. Ricky Shayne: Ich sprenge alle Ketten (Moroder/Holm)  2.13
10. Teddy Parker: Nachtexpress nach St. Tropez (Mayer/Niessen) 2.27
11. Rita Pavone: Wenn ich ein Junge wär (Buchholz/Loose) 2.14
12. Charly Cotton und seine Twist-Makers: Wilhelm Tell Twist (Weinzierl/Rieden) 1.56
13. Jan & Kjeld: Hello, Mary Lou (Pitney/Blecher) 2.14
14.  Rita Pavone & Paul Anka: Kiddy, Kiddy Kiss Me (Munro/Arnie) 2.42
15.  Conny Froboes: Diana (Anka/Strtöm) 2.15
16.  Detlef Engel:  Mr. Blue (Nicolas/Blackwell) 2.23
17.  Oliver Twist & The Happy Twistler:  Der Twist (The Twist) (Ballard/Helmer) 2.42
18.  The Lords: Tobacco Road (Loudermilk/Moesser) 2.11

CD 2:
01. Drafi Deutscher: Shake Hands (Relin/Gaze) 2.15
02. Manuela: Ich geh‘ noch zur Schule (Traditional/Bruhn/Loose) 2.29
03. Benny Quick: Twist um Mitternacht mit Susi (Hertha/Götz/Hellmer) 2.21
04. Rex Gildo: Liebe kälter als Eis (Devil In Disguise) (Kaye/Giant/BaumBuchenkamp) 2.18
05. Connie Francis: Schöner fremder Mann (Nicolas/Gordon/Hosey) 2.41
06. Five Tops: Rag Doll (Bader/Crewe/Gaudio) 2.52
07. Steff:  He, Little Blondie (Little Honda) (Wilson/Nicolas/Love) 2.12
08. Helen Shapiro: Frag‘ mich nicht warum (Tell Me What He Said) (Barry/Siegel) 2.48
09. Peter Kraus: Sugar Baby (Scharfenberger/Busch/v.Pinelli) 2.30
10. Tommy Kent: Susie Darlin‘ (Luke/Moesser) 2.34
11. James Brothers: Wenn (When) (Evany/Reardon/May/Blecher) 2.20
12. Lil Malmkwist: Bobby’s Girl (Klein/Hofman/Felming) 2.21
13. Ted Herold: Moonlight (Scharfenberger/Busch) 2.42
14. Oliver Twist & The Happy Twistler: Steiler Zahn (Crier/Schwabach) 2.43
15. Hans Blum: Charly Brown (Blecker/Leiber/Stoller) 2.26
16. Swinging Blue Jeans: Good Golly Miss Molly (Deutsche Version) (Marascalgo/Martinez/Blackwell/Retter) 2.04
17. Conny Froboess: I Love You Baby (Anka/Siegel) 2.10
18. Johnny Hallyday + The Rattles: Das alte Haus in New Orleans (House Of The Rising Sun) (Traditional/Price/Hellmer) 3.58

Horst Buchholz in dem Film "Die Halbstarken" (1956)

Horst Buchholz in dem Film „Die Halbstarken“ (1956)

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